von Beate Kynast
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16. April 2023
UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 2 und 4: „Kinderrechte gelten für alle Kinder, egal, welche Hautfarbe, Religion oder Sprache sie haben und ob sie Junge oder Mädchen sind. Die Kinderrechte müssen eingehalten und bekannt gemacht werden.“ Artikel 23, Förderung von Kindern mit Beeinträchtigungen: „Alle Kinder haben die gleichen Rechte und sollen gleich behandelt werden. Kinder mit Behinderungen sollen besondere Unterstützung erhalten.“ Artikel 29, Bildungsziele: „Die Vertragsstaaten stimmen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss, a) Die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen; b) Dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten und den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen zu vermitteln.“ Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung; was bedeutet das genau? Bereits im Kindergartenalter erfahren und entdecken Kinder, dass jeder Mensch anders ist. Sie erleben, ob jemand einen Rollstuhl benötigt um sich fortbewegen zu können, ob ein Kind schon gut sprechen kann oder noch nicht. Ganz selbstverständlich kann es ein Bewusstsein für Diversität entwickeln. Aus der Einzigartigkeit eines jeden setzt sich unsere Gemeinschaft zusammen und macht sie so bunt, so lebendig, so vielfältig. Ein Kind hat rote Haare, ein anderes braune. Eines ist groß, das andere klein. Eines hat Sommersprossen, ein anderes nicht. Eines beginnt sehr zeitig zu laufen, ein anderes erst später. Ein Kind kann früh sprechen, ein anderes erobert sich die Welt der Sprache ganz langsam. Jedes Kind darf sein, wie es ist, hat sein eigenes Tempo beim sich die Welt erschließen. Jedes ist wertvoll und einzigartig so wie es ist. Wir Erwachsenen dürfen es auf diesem Weg begleiten, dürfen erfahren und erleben, wie es in seinem ganz eigenen Tempo Mensch wird, ein soziales Wesen. Sinnstifter, Weltveränderer, Tagträumer, Wolkenstürmer, Künstler, Menschenfreund, Konstrukteure, Herzensmenschen. Was für eine Freude und Ehre dabei sein zu dürfen und das Kind liebevoll, mit Aufmerksamkeit, Wertschätzung ,Geduld und Unterstützung auf diesem Weg zu begleiten. Für die Kinder im Waldkindergarten kommt noch eine andere Dimension dazu: sie dürfen sich erfahren als einen Teil der Natur, die sie umgibt und in der es keine Normen oder exakten Baupläne gibt, nach denen sich Tiere und Pflanzen entwickeln. Jeder Baum, jede Blume, jeder Käfer, jeder Wurm, jeder Vogel und jeder Sonnenstrahl ist einzigartig , hat seinen Platz, seinen Sinn und seinen Wert. Selbst ein kantiger Stein, den die Kinder auf dem Waldboden finden, erfüllt seinen Zweck. Er speichert die Wärme des Sonnenlichtes, gibt sie an seine Umgebung ab, lädt eine Eidechse ein auf ihm zu verweilen und sich auf ihm zu wärmen. Alles darf da sein, alles ist schön in seinen vielen Facetten. Welche Rolle haben wir Erwachsenen in diesem Prozess? Wir sind Eltern , Großeltern, pädagogische Fachkräfte oder Lehrer. In aller erster Linie sind wir aber auch Menschen, die Erfahrungen gemacht haben, etwas vorgelebt bekommen haben und dies nun dahingehend überprüfen dürfen, ob und wie wir es weitergeben an die Kinder. Mit welchen Augen sehen wir die Welt? Wie nehmen wir andere Menschen wahr? Bewerten wir automatisch oder schaffen wir es jeden in seiner Individualität zu akzeptieren wie er ist? Wir Erwachsenen sind der Schlüssel dazu, dass jedes Kind die Chance bekommt sich in unserer Lebenswelt wiederzufinden und eine positive Identität aufbauen zu können. Wenn wir uns dem öffnen ist das eine wunderbare und erfüllende Aufgabe! Der Wald, den wir auch gern den dritten Erzieher nennen, bietet uns da tolle Möglichkeiten. In der Natur darf jedes Kind das finden, was ihm in seiner Entwicklung entspricht, es fördert und ihm gut tut. Sei es ein bunter Blätterstrauß den es sich pflückt, sei es ein kleiner Teppich aus ineinander verwebten Grashalmen, ein selbstgebauter Bogen mit Pfeilen, ein Blütenkranz oder das aus Lehmerde geformte Pferd. Im Wald darf jedes Kind individuelle Förderung erfahren, es bekommt die Möglichkeiten die ihm und seinen Besonderheiten entsprechen. Die Kinder können mit unserer Unterstützung selbst ihre Erfahrungen mit Vielfalt machen und lernen auch alle anderen Kinder in ihrer eigenen Identität zu respektieren. Auf gehts! Machen wir diese Welt ein bisschen bunter, vielfältiger, lebendiger!